Die größten Mythen rund um das Thema Vorhofflimmern und Schlaganfall

Im Bereich Schlaganfallprävention und Vorhofflimmern gibt es verschiedene Mythen, die sich hartnäckig halten. Diese können im schlimmsten Fall zur Folge haben, dass einige Patienten nicht die für sie optimale Therapie erhalten. Unsere Serie informiert über die sechs häufigsten Irrtümer und erklärt, wie es sich wirklich verhält:
1: „Ischämische Schlaganfälle, sogenannte Hirninfarkte, sind bei Vorhofflimmern selten.“
Das Gegenteil ist der Fall: Etwa 20 Prozent aller Schlaganfälle sind auf Vorhofflimmern zurückzuführen, das sind fast 40.000 Schlaganfälle pro Jahr in Deutschland.1 Die Folgen eines durch Vorhofflimmern bedingten Schlaganfalls sind dabei besonders schwerwiegend: 60% der Patienten tragen eine dauerhafte Behinderung davon, und 20% versterben.2 Die Verhinderung von ischämischen Schlaganfällen ist daher das wichtigste Ziel der blutgerinnungshemmenden Therapie bei Vorhofflimmern.
2: „Für die modernen Medikamente zur Schlaganfallprävention bei Vorhofflimmern liegen im Vergleich zu Marcumar®/Falithrom noch nicht ausreichend Erfahrungswerte vor.“
Die Wirksamkeit und Sicherheit der modernen oralen Gerinnungshemmer, die zur Schlaganfallprävention bei Vorhofflimmern eingesetzt werden, sind seit mehr als 10 Jahren umfassend untersucht.
3: „Für Patienten, die gut auf eine blutgerinnungshemmende Marcumar®-Therapie oder einen anderen Vitamin-K-Antagonisten eingestellt sind, gibt es keinen Grund zu einem anderen Präparat zu wechseln.“
Selbst wenn ein Patient gut auf einen herkömmlichen Blutgerinnungshemmer eingestellt ist, können die nicht-Vitamin-K-abhängigen oralen Antikoagulanzien Vorteile bieten: Bei mindestens vergleichbarer Wirksamkeit kommt es seltener zu Hirnblutungen, der gefährlichsten Komplikation einer Gerinnungshemmung. Darüber hinaus kommt es unter einer Therapie mit diesen Medikamenten nicht zu Wechselwirkungen mit Lebensmitteln und es bestehen deutlich weniger Arzneimittelinteraktionen. Zudem sind häufige Kontrollen des Blutgerinnungswertes beim Arzt, die bei einer Behandlung mit klassischen Gerinnungshemmern üblich sind, nicht notwendig.
4: „Alle Medikamente zur Schlaganfallprävention bei Vorhofflimmern müssen regelmäßig zwecks Dosisanpassung von einem Arzt überprüft werden.“
Die Dosis muss nur bei herkömmlichen Gerinnungshemmern mittels einer Blutentnahme regelmäßig überprüft und zum Teil angepasst werden. Die Wirksamkeit dieser klassischen Präparate ist häufig schwierig und aufwändig zu kontrollieren, da die Stärke der Gerinnungshemmung durch Nahrungsmittel und Medikamente beeinträchtigt werden kann. Moderne orale Gerinnungshemmer hingegen haben den Vorteil, dass sie in einer festen Dosierung eingenommen werden. Die nicht-Vitamin-K-abhängigen oralen Antikoagulanzien zeigen fast keine Wechselwirkungen mit Lebensmitteln und nur wenige mit Arzneimitteln. Dadurch ist die Gerinnungshemmung stabil und verlässlich, so dass regelmäßige Kontrollen der Blutgerinnung zumeist nicht mehr nötig sind. Ärztliche Untersuchungen, beispielsweise hinsichtlich der Nierenfunktion, müssen vor Beginn der Therapie und dann in der Regel nur noch ein- bis zweimal jährlich stattfinden. Dies hängt jedoch von den individuellen Voraussetzungen und der Krankheitsgeschichte des Patienten ab.
5: „Die Anwendung der Medikamente zur Schlaganfallprävention bei Vorhofflimmern ist im Alltag kompliziert.“
Die modernen oralen Gerinnungshemmer lassen sich gut in den Alltag integrieren. Die feste Dosierung, das geringe Risiko für Wechselwirkungen mit Arzneimitteln sowie das Wegfallen von Nahrungsmitteleinschränkungen und regelmäßigen Blutentnahmen zur Gerinnungskontrolle beim Arzt vereinfachen die Therapie. Überdies erfolgt die Einnahme eines modernen oralen Blutgerinnungshemmers unabhängig von den Mahlzeiten und die Therapie beeinträchtigt die Verkehrsfähigkeit der Patienten nicht. Alle diese Faktoren tragen dazu bei, dass eine Behandlung mit den modernen oralen Gerinnungshemmern deutlich weniger Einschränkungen für Patienten und damit einhergehend mehr Lebensqualität mit sich bringt.
6: „Um die Sicherheit von Patienten bei einer blutgerinnungshemmenden Therapie zu gewährleisten, muss ein spezifisches Gegenmittel zur Aufhebung des gerinnungshemmenden Effekts verfügbar sein.“
Den behandelnden Ärzten steht eine Reihe effektiver, unspezifischer Möglichkeiten zur Verfügung, sollte es zu einer schweren Blutung kommen oder kurzfristig bzw. notfallmäßig eine Operation durchgeführt werden müssen. Das gilt sowohl für Patienten unter herkömmlichen Blutgerinnungshemmern als auch unter den nicht-Vitamin-K-abhängigen oralen Gerinnungshemmern. Dennoch gibt es bei den modernen Wirkstoffen Vorteile aufgrund der vergleichsweise kurzen Wirkdauer: So kann es, je nach Schwere des Blutungsereignisses, oftmals ausreichen das Medikament abzusetzen, damit eine Blutung zum Stillstand kommt. Bei den klassischen Präparaten wird die gerinnungshemmende Wirkung hingegen deutlich langsamer aufgehoben. Die Wahrscheinlichkeit für eine Blutung ist darüber hinaus unter der herkömmlichen Therapie nicht geringer – das Risiko ist bei einer Behandlung mit den modernen nicht-Vitamin-K-abhängigen oralen Gerinnungshemmern sogar niedriger. Für die modernen oralen Gerinnungshemmer sind inzwischen auch Gegenmittel verfügbar, die den gerinnungshemmenden Effekt im Notfall schnell, zuverlässig und sicher aufheben können.
Referenzen
- Initiative Schlaganfallvorsorge: Daten und Fakten zur Schlaganfallvorsorge bei Vorhofflimmern. Verfügbar unter: https://www.schlaganfall-verhindern.de/presse/hintergrundmaterial/auf-einen-blick-daten-und-fakten-zur-schlaganfallvorsorge-bei-vorhofflimmern/ zuletzt abgerufen am 24.11.2021.
- Gladstone DJ et al. Stroke. 2009;40(1):235-40.