Schlaganfallprävention bei Vorhofflimmern

Vorhofflimmern ist einer der wichtigsten unabhängigen Risikofaktoren für einen Schlaganfall.1 Menschen mit Vorhofflimmern haben ein bis zu 5-fach erhöhtes Schlaganfallrisiko.2 Jährlich erleiden bis zu 3 Millionen Menschen weltweit einen durch Vorhofflimmern bedingten Schlaganfall; dies entspricht einer Person alle 12 Sekunden.1,3,4 Hinter dem Begriff Schlaganfall stehen zwei verschiedene Formen dieser Erkrankung: Ist der Schlaganfall die Folge einer mangelnden Durchblutung (Ischämie) des Gehirns, so bezeichnen die Ärzte ihn als Hirninfarkt oder ischämischen Schlaganfall. Dagegen wird eine Hirnblutung durch den Austritt von Blut in das Hirngewebe hervorgerufen, z. B. wenn ein Gefäß oder eine Gefäßerweiterung (Aneurysma) im Gehirn reißt. Schlaganfälle als Folge von Vorhofflimmern können auftreten, wenn sich wegen der unzureichenden Kontraktion der Vorhöfe das Blut im Herzen staut. Diese Blutstauung fördert die Bildung von Blutgerinnseln (Thromben) im Vorhof. Wenn diese Gerinnsel in den Blutkreislauf ausgeschwemmt werden, können sie die Blutgefäße des Gehirns verstopfen: es kommt zu einem Schlaganfall.

Eine ganze Reihe von Maßnahmen trägt dazu bei, einem Schlaganfall effektiv vorzubeugen. Eine Voraussetzung ist, dass individuelle Risikofaktoren und Vorerkrankungen berücksichtigt werden. Generell lässt sich einem Schlaganfall mit einem gesunden Lebensstil vorbeugen. Wer auf Rauchen und übermäßigen Alkoholkonsum verzichtet, auf sein Gewicht achtet, sich ausreichend bewegt und gesund ernährt, kann sein allgemeines Schlaganfallrisiko deutlich senken. Im Falle von Vorerkrankungen (z. B. Bluthochdruck, Diabetes mellitus, Herzrhythmusstörungen, hoher Cholesterinspiegel, Thromboseneigung) ist eine gut eingestellte medikamentöse Behandlung ein wichtiger Baustein der effizienten Schlaganfallprävention. Hierzu zählt auch, dass die verordneten Medikamente zuverlässig eingenommen werden.

Gerinnungshemmung zur Schlaganfallvorbeugung

 
Normale Blutgerinnung

Oberstes Ziel der Behandlung von Patienten mit Vorhofflimmern ist, ihr deutlich erhöhtes Schlaganfallrisiko zu senken, insbesondere für ischämische Schlaganfälle. Durch gerinnungshemmende Medikamente wird die Gefahr reduziert, dass sich aufgrund der Herzrhythmusstörung Blutgerinnsel bilden, die vom Herzen ins Gehirn wandern können und dort im schlimmsten Fall einen Schlaganfall auslösen. Mit der Gerinnungshemmung wird die Gerinnungsfähigkeit des Blutes herabgesetzt und somit das Risiko zur Thrombenbildung (Blutgerinnsel) verringert, siehe auch unten stehende Grafik. Mit einer dem individuellen Risiko angepassten Gerinnungshemmung kann einem Schlaganfall somit wirksam vorgebeugt werden. Das Risiko für einen Schlaganfall ist recht unterschiedlich und wird anhand der bei einem Patienten vorliegenden Risikofaktoren für einen Schlaganfall ermittelt. Die Überprüfung erfolgt durch Ärzte anhand des sogenannten CHA2DS2-VASc-Scores. Studien bei Patientengruppen mit Vorhofflimmern haben gezeigt, dass die Einnahme von gerinnungshemmenden Medikamenten das Schlaganfallrisiko deutlich senkt. Im Laufe der Jahre wurden verschiedene Wirkstoffe entwickelt, die die Blutgerinnung hemmen. Sie unterscheiden sich darin, dass sie an unterschiedlichen Stellen in die Gerinnung eingreifen.

Antikoagulanzien

An der Blutgerinnung sind verschiedene Zellen und Bestandteile des Blutes beteiligt. Es gibt Blutbestandteile, die die Gerinnung fördern (z. B. bei Verletzungen) und auch solche, die die Bildung von Blutgerinnseln verhindern oder diese auflösen. Im Körper besteht ein Gleichgewicht zwischen der Gerinnung des Blutes und der Auflösung von Gerinnseln. Neben den Blutplättchen (Thrombozyten) sind die sogenannten Gerinnungsfaktoren für den fein abgestimmten Ablauf der Blutgerinnung verantwortlich. Zu den wichtigsten Substanzen, die an der Blutgerinnung beteiligt sind, zählen unter anderem Fibrinogen, Thrombin, Faktor-Xa, Kalzium und Vitamin K. Gerinnungshemmer (Antikoagulanzien), die zur Schlaganfallprävention bei Vorhofflimmern eingesetzt werden, sind z. B. Vitamin K-Antagonisten (Vitamin K-Hemmer) oder die neuen oralen Antikoagulanzien. Zu Ihnen gehören orale Thrombinhemmer und Faktor-Xa-Hemmer.

Vitamin-K-Antagonisten hemmen die gerinnungsfördernde Wirkung von Vitamin K. Sie werden schon seit Jahrzehnten zur Schlaganfallprävention bei Vorhofflimmern eingesetzt und müssen gut eingestellt werden. Regelmäßige Kontrollen der Gerinnungswerte sind notwendig, um zu messen, ob das gewünschte Ausmaß der Gerinnungshemmung erreicht ist. Gegebenenfalls sind Anpassungen der Dosierung erforderlich. Weiterhin achtet der Arzt auch darauf, welche Arzneimittel noch eingenommen werden, da es zahlreiche Wechselwirkungen mit anderen gängigen Medikamenten geben kann. Zudem ist auf die Ernährung zu achten, da Vitamin-K-haltige Nahrung wie z.B. Kohlgemüse die Wirksamkeit der Vitamin-K-Antagonisten herabsetzt. Sogenannte Heparine bewirken eine Gerinnungshemmung, in dem Sie auf eine Reihe von Faktoren des Gerinnungssystems wirken. Da Heparine gespritzt werden müssen, werden sie selten dauerhaft zur Gerinnungshemmung eingesetzt. Über viele Jahrzehnte gab es für Arzt und Patient keine Behandlungsalternativen zur herkömmlichen Therapie mit Vitamin-K-Antagonisten. Nach Jahren ohne Neuentwicklungen ist seit 2011 eine neue Generation von Gerinnungshemmern vorhanden, die Vorhofflimmern-bedingte Schlaganfälle effektiv verhindern können.

Neue Antikoagulanzien

Zur Gruppe der neuen oralen Antikoagulanzien (Gerinnungshemmer) gehören z. B. Thrombinhemmer. Sie wirken direkt am Thrombin, der zentralen Stelle des Gerinnungssystems und können deshalb wirksam zur Schlaganfallprävention eingesetzt werden. Zu der neuen Generation von Antikoagulanzien gehören auch Faktor-Xa-Hemmer. Sie setzen ebenfalls in der Gerinnungskaskade an und blockieren den Gerinnungsfaktor Xa.

medikamentöse schlaganfallprävention

Im Gegensatz zu Vitamin-K-Antagonisten sind während der Therapie mit einem neuen oralen Antikoagulans weder routinemäßige Blutabnahmen zur Gerinnungskontrolle noch regelmäßige Dosisanpassungen durch den Arzt notwendig. Die Wirkung tritt bereits nach kurzer Zeit ein. Es gibt keine Ernährungseinschränkungen und nur wenige Arzneimittelwechselwirkungen. Die gerinnungshemmende Wirkung von Vitamin-K-Antagonisten kann beim Patienten stark schwanken. Ursachen sind unter anderem Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten, Nahrungsmitteln und Alkohol. Wirksam und sicher sind Vitamin-K-Antagonisten nur, wenn sich genau die richtige Dosis im Körper befindet. Der Arzt muss daher regelmäßig den Grad der gerinnungshemmenden Wirkung im Körper messen. Denn: Ist die Gerinnungshemmung zu niedrig, verringert sich die Wirksamkeit und der Patient ist nicht mehr optimal vor Schlaganfällen geschützt. Bei zu starker Gerinnungshemmung besteht die Gefahr des Auftretens von Blutungskomplikationen, im schlimmsten Fall im Gehirn. Diese können auch durch Unfälle und Verletzungen ausgelöst werden. Patienten müssen bei einer Therapie mit Vitamin-K-Antagonisten meist eine gewisse Diät einhalten und Alkoholkonsum meiden. Zudem sind gegebenenfalls regelmäßige Arztbesuche zur Gerinnungskontrolle und Dosisanpassung erforderlich. Bei der Therapie mit einem direkten Thrombin- oder Faktor-Xa-Hemmer entfallen diese Maßnahmen. Während der Therapie mit diesen neuen oralen Antikoagulanzien (Gerinnungshemmern) sind in der Regel weder routinemäßige Blutabnahmen zur Gerinnungskontrolle noch Dosisanpassungen erforderlich. Dies bedeutet weniger Aufwand für den Arzt und eine höhere Lebensqualität für den Patienten.

Referenzen
  1. Atlas of Heart Disease and Stroke, World Health Organization, September 2004. Letzter Zugriff Juni 2017 http://www.who.int/cardiovascular_diseases/en/cvd_atlas_15_burden_stroke...
  2. January CT et al. Circulation 2014; 130: e199-e267
  3. Lin HJ et al. Stroke 1996; 27: 1760-1764
  4. Wolf PA et al. Stroke 1991; 22: 983-988