Vorhofflimmern und Diabetes
Menschen mit Diabetes weisen ein erhöhtes Risiko für Vorhofflimmern auf. Ein Zusammenhang zwischen der Herzrhythmusstörung Vorhofflimmern und der Zuckerkrankheit wird schon seit längerem beobachtet und ist aktuell bestätigt worden. Lebensstiländerungen wie eine Gewichtsreduktion sind daher eine gute Möglichkeit, Diabetes und Vorhofflimmern zu vermeiden. Nicht zuletzt stellt für Diabetiker mit anfallsartigem oder permanentem Vorhofflimmern die Gerinnungshemmung eine wirksame Möglichkeit zur Reduzierung des Schlaganfallrisikos dar.
Was ist der Diabetes mellitus?
Diabetes mellitus (wörtlich: honigsüßer Durchfluss) zählt zu den Zivilisationskrankheiten der Gegenwart. Bei etwa 6,5 Millionen Erwachsenen in Deutschland wurde Diabetes diagnostiziert. Hinzu kommen etwa 2,5 Millionen nicht diagnostizierte Fälle.1 Zudem steigt die Zahl der Erkrankten: Jedes Jahr erhält eine halbe Million Menschen in Deutschland die Diagnose Diabetes vom Typ 2.2

Im Durchschnitt können stoffwechselgesunde Menschen bis zu zwölf Jahre länger leben als Menschen mit Diabetes und Herz-Kreislauf-Vorerkrankung.3 Die Krankheit ist durch dauerhaft hohe Blutzuckerwerte gekennzeichnet. Bei der Entstehung von Diabetes spielt Insulin, ein lebenswichtiges Hormon, eine wichtige Rolle. Grundsätzlich gibt es verschiedene Diabetesformen. Die wichtigsten sind Typ-1- und Typ-2-Diabetes. Bei etwa 9 von 10 Menschen mit Diabetes handelt es sich um einen Typ-2-Diabetes. Hierbei macht dem Körper eine Störung der Insulinwirkung zu schaffen: die Körperzellen reagieren zunehmend schlechter auf das Hormon Insulin. Ärzte nennen diese Unempfindlichkeit gegen Insulin „Insulinresistenz“. Zunächst steuert der Körper noch gegen und produziert immer mehr Insulin. Doch irgendwann erschöpft sich die Bauchspeicheldrüse, die für die Insulinproduktion verantwortlich ist. Insulin sorgt dafür, dass Traubenzucker (Glukose) aus dem Blut in die Zellen gelangt und ein- oder abgebaut wird. Dadurch wird unter anderem Energie für den Körper freigesetzt. Wenn dieser Vorgang nicht funktioniert, verbleibt zu viel Zucker im Blut. Die Folge ist ein erhöhter Blutzuckerspiegel. Um zu prüfen, ob der Blutzuckerspiegel über einen längeren Zeitraum im Durchschnitt zu hoch ist, misst man den HbA1c-Wert im Blut. Dieser Wert gilt als das Blutzuckergedächtnis des Körpers und zeigt an, wie hoch der Blutzucker in den letzten zwei bis drei Monaten im Durchschnitt war. Experten raten dazu, einen Wert im Bereich von 6,5 bis 7,5 % (48 bis 58 mmol/mol) anzustreben.4
Diabetes als Risikofaktor von Vorhofflimmern |
Bei Patienten mit Vorhofflimmern findet sich häufig die Zuckerkrankheit Diabetes. Vorhofflimmern und Diabetes mellitus teilen gemeinsame Vorläufererkrankungen wie Bluthochdruck, Atherosklerose (Arterienverkalkung) und Übergewicht. Die Zuckererkrankung wird daher als anerkannter Risikofaktor für die Entstehung von Vorhofflimmern betrachtet, auch wenn die zugrunde liegenden Mechanismen noch nicht eindeutig geklärt sind. Bei Menschen mit Diabetes ist das Risiko, eine kardiovaskuläre Erkrankung wie Herzinfarkt oder Schlaganfall zu entwickeln, zwei bis vier Mal höher als bei Menschen ohne Diabetes.5 Aber auch das Risiko für Vorhofflimmern ist bei Menschen mit Diabetes erhöht. Bisherige Studien beschreiben für Diabetiker im Vergleich zu Nicht-Diabetikern ein um 35-40 % höheres Risiko, ein Vorhofflimmern zu entwickeln.6,7 Bei ungünstigen HbA1c-Werten über 9 % verdoppelt sich das Flimmer-Risiko sogar. Haben Patienten allerdings gut eingestellte Blutzuckerspiegel mit HbA1c-Werten unter 7 %, so zeigen sich kaum erhöhte Risiken im Vergleich zu Nicht-Diabetikern.6 Daten von über 5 Millionen Personen aus Dänemark bestätigen die Zusammenhänge. Zugleich wurden in dieser aktuellen Studie verschiedene Altersgruppen hinsichtlich des Auftretens von Vorhofflimmern untersucht. Die jüngeren Patienten unter 40 Jahre weisen demnach ein 2,3-fach erhöhtes Risiko für Vorhofflimmern auf. Die Altersgruppe der 40- bis 64jährigen hat hierbei ein um 50 % höheres Risiko und die 65- bis 74jährigen ein um 20 % höheres Risiko für Vorhofflimmern.8
Schutz vor der Schlaganfallgefahr
Aufgrund des erhöhten Risikos für Vorhofflimmern und der damit verbundenen Gefahr eines Schlaganfalls rät die Deutsche Herzstiftung Diabetikern zur regelmäßigen Pulsmessung, um frühzeitig Auffälligkeiten des Herzschlages wie Vorhofflimmern zu entdecken.9 Bei ausgewählten Patienten mit Typ-2-Diabetes und Verdacht auf paroxysmales oder permanentes Vorhofflimmern wird empfohlen, ein Routine-EKG oder ein Langzeit-EKG durchzuführen.
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Ärzten hilft das CHA2DS2-VASc-Punktesystem dabei, das Risiko für einen Schlaganfall unter Vorhofflimmerpatienten genauer abzuschätzen, wobei Diabetes ein eigenständiges Risikomerkmal darstellt. Ab einem mittleren Risiko wird eine gerinnungshemmende Therapie empfohlen. Denn Patienten mit Diabetes und Vorhofflimmern haben ein erhöhtes Risiko für thrombembolische Komplikationen und können durch die Gabe von Gerinnungshemmern geschützt werden.
Referenzen
- IDF Diabetes Atlas, 7th edn. Brussels, Belgium: International Diabetes Federation; 2015
- Versorgungsatlas-Bericht Nr. 17/03. Berlin 2017
- Emerging Risk Factors Collaboration. JAMA 2015; 314: 52-60
- Landgraf R et al. Diabetologie 2016; 11 (Suppl 2): S117-S129
- World Heart Federation. Diabetes as a risk factor for cardiovascular disease. Online publiziert unter: www.world-heart-federation.org/cardiovascular-health/cardiovascular-dise... (zuletzt aufgerufen: August 2017)
- Dublin S et al. J Gen Intern Med 2010; 25: 853-858
- Huxley RR et al. Heart 2012; 98: 133-138
- Pallisgaard JL et al. Eur J Prev Cardiol 2016; 23: 621-627
- www.herzstiftung.de/pressemeldungen_artikel.php?articles_ID=747(zuletzt aufgerufen: August 2017)