Wie kann man das Schlaganfallrisiko mit dem CHA2DS2-VASc-Score abschätzen?
Bei Vorhofflimmern besteht ein erhöhtes Schlaganfallrisiko. Dieses Risiko genauer abzuschätzen hilft Ärzten dabei, eine Behandlung vorzuschlagen, die genau auf die jeweilige Situation des Betroffenen abgestimmt ist. Häufig wird zur Abschätzung des Schlaganfallrisikos der sogenannte CHA2DS2-VASc-Score angewendet.
Warum Scores (Punktesysteme) zur Abschätzung des Schlaganfallrisikos?
Das individuelle Schlaganfallrisiko wird von unterschiedlichen Merkmalen beeinflusst. Dazu gehören z. B. andere Erkrankungen wie Bluthochdruck oder Zuckerkrankheit (Diabetes), das Alter oder das Geschlecht. Von manchen Merkmalen, wie z. B. dem Alter, weiß man, dass sie das Schlaganfallrisiko stärker erhöhen als andere.

Aus diesem Grund eignen sich Scores (Punktesysteme) besonders gut zur Abschätzung des Schlaganfallrisikos bei Vorhofflimmern. Seinem Einfluss entsprechend, bekommt jeder Risikofaktor hier einen höheren oder niedrigeren Punktewert zugeordnet. Zusammengezählt ergibt sich dann ein gutes Maß für das individuelle Schlaganfallrisiko.
Was bedeutet CHA2DS2-VASc?
CHA2DS2-VASc-Score – der Name wirkt auf den ersten Blick kompliziert. Er setzt sich jedoch einfach aus den Anfangsbuchstaben der englisch bezeichneten Risikomerkmale zusammen, die im Score berücksichtigt werden. So steht „H“ z. B. für „hypertension“ (Bluthochdruck). Die Zahlen geben an, für welche Risikomerkmale nicht einer, sondern zwei Punkte vergeben werden. Alle Merkmale finden Sie weiter unten in Tabelle 1 erklärt.
Der CHA2DS2-VASc-Score hat sich aus dem einfacheren CHADS2-Score entwickelt. Dieser berücksichtigte zunächst nur fünf Faktoren des Schlaganfallrisikos.
Studien zeigten jedoch, dass auch Gefäßerkrankungen, das Geschlecht und ein Alter zwischen 65 und 74 Jahren berücksichtigt werden sollten. Deshalb wurde der CHADS2-Score um diese drei Merkmale zum CHA2DS2-VASc-Score erweitert.
Wie wird der CHA2DS2-VASc-Score berechnet?
Tabelle 1 zeigt, welche Risikomerkmale in den CHA2DS2-VASc-Score einfließen:
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Herzinsuffizienz (Herzschwäche) bedeutet dabei, dass das Herz das Blut nicht mehr mit normaler Kraft durch den Körper pumpen kann, die Herzleistung also vermindert ist.
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Unter TIA (Transitorisch ischämische Attacke) versteht man eine kurzfristige Durchblutungsstörung des Gehirns mit ähnlichen Symptomen wie bei einem Schlaganfall, die aber innerhalb von 24 Stunden von selbst wieder verschwinden.
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Zu Gefäßerkrankungen gehören neben Herzinfarkt auch Gefäßverkalkungen, z. B. in den Beinen.
Zählt man alle Punkte zusammen, erhält der Arzt das individuelle Schlaganfallrisiko des Patienten. Für die Therapieempfehlung ist letztlich entscheidend, welcher Risikokategorie der Punktwert zugeordnet ist:
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0-1 Punkte: Geringes Risiko
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2 Punkte: Mittleres Risiko
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3-6 Punkte: Hohes Risiko
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Tabelle 1: CHA2DS2-VASc-Score
CHA2DS2-VASc-Score und die Therapieentscheidung
Der CHA2DS2-VASc-Score hilft vor allem bei der Entscheidung über eine Behandlung mit Gerinnungshemmern, wie z. B. nicht-Vitamin-K-abhängigen oralen Antikoagulanzien. Bei geringem Risiko (0 Punkte) kann vielen Leitlinien zufolge eher auf eine gerinnungshemmende Therapie verzichtet werden. Ab einem mittleren Risiko wird sie in der Regel empfohlen.1
Der CHA2DS2-VASc-Score ist aber nur einer von vielen Faktoren, die über eine gerinnungshemmende Behandlung entscheiden. Deshalb kann der Arzt im Einzelfall von diesen allgemeinen Empfehlungen abweichen. Fragen Sie als Betroffener oder Angehöriger bei Unklarheiten einfach nach – Ihr Arzt wird Ihnen die Hintergründe seiner Therapieempfehlung erklären.
Referenzen
- Hindricks G et al. Eur Heart J. 2021; 42(5): 373-498